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Der Mittelbaurat positioniert sich: Die Umsetzung der globalen Minderausgabe der Landesregierung und die Folgen für die Lehre und Forschung am Institut für Sonderpädagogik

Der Mittelbaurat positioniert sich: Die Umsetzung der globalen Minderausgabe der Landesregierung und die Folgen für die Lehre und Forschung am Institut für Sonderpädagogik

Als Reaktion auf die hochschulinterne Umsetzung der globalen Minderausgabe des Landes Niedersachsen hat sich der Mittelbaurat, informelles Gremium zur Interessenvertretung der Mitarbeitenden auf Ebene des Mittelbaus, dazu entschlossen, ein Positionspapier zu verfassen. Dieses richtete sich an das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Positionspapier des Mittelbaurats zu geforderten Einsparungen am Institut für Sonderpädagogik an die Landesregierung

Die finanziellen Konsequenzen der globalen Minderausgabe der Landesregierung erreichen nun die betroffenen Institutionen, die momentan aufgrund der Corona-Pandemie besonders überlastet sind. Insgesamt sollen 17,4 Millionen Euro im Ressort Wissenschaft und Kultur eingespart werden. Mit einer so erheblichen Einsparungsmaßnahme wird die im Koalitionsvertrag festgehaltene „sichergestellte Finanzierung der wissenschaftlichen Einrichtungen“ nicht eingehalten (583ff.), sondern im höchsten Maße zurückgebaut. Wurde im Jahr 2017 noch von Bildungsexpansion gesprochen, muss sich das Land Niedersachsen angesichts der eklatanten Auswirkungen der Corona-Pandemie nun um eine Grundsicherung der Bildungsangebote bemühen. Neben der grundsätzlichen kritikwürdigen Einsparpolitik im Bildungssektor berühren die Auswirkungen das Institut für Sonderpädagogik im besonderen Maße: die weitergegebenen Einsparungen an die philosophische Fakultät in Höhe von einer halben Millionen Euro werden zu etwa 40% auf das Institut umgelegt und betrifft vor allem die Stellenanteile im Mittelbau.

Daher möchten wir, als Mittelbaurat des Instituts für Sonderpädagogik, zu den geplanten Kürzungen Stellung beziehen und die gravierenden Auswirkungen auf Forschung und Lehre im Rahmen der Lehrerbildung darstellen:

 Gesellschaftliche Ebene:

  • In den letzten Jahren wurde mit dem Ausbau der Sonderpädagogik durch die Schaffung neuer Professuren und der Erhöhung der Studierendenzahlen ein deutliches Zeichen gesetzt, welches die gesellschaftliche Relevanz der Inklusion untermauert. Einsparungen konterkarieren diese Entwicklung. Durch Erhöhung der Studierendenzahlen entstandener Mehraufwand wird zu einem Großteil von dem Mittelbau getragen.
  • Vor dem Hintergrund des allgemeinen Lehrkräftemangels sind Einsparungen in der Ausbildung von Lehrkräften höchst problematisch zu betrachten, da die Qualität der Lehre nicht sichergestellt werden kann.
  • Auswirkungen auf die Forschung: Gerade im Hinblick auf die Umsetzung von Inklusion, auf das Voranbringen der Digitalisierung in den Bildungsinstitutionen, auf die Weiterentwicklung der Qualität in sonderpädagogischen Einrichtungen und Institutionen sind prozessbegleitende, innovative und gesellschaftlich relevante Forschungsvorhaben und -studien unerlässlich, um die aktuellen Fragen und Herausforderungen im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland meistern zu können. Diese Forschungsfragen werden entscheidend durch Qualifikationsarbeiten an den Hochschulen bearbeitet und beantwortet.

Institutionelle Ebene:

  • Lehre: Von den Einsparmaßnamen wird die Lehre am IfS direkt betroffen sein. Von weniger Mitarbeitenden müssen jeweils mehr Studierende betreut werden. Die Zahl der zu betreuenden Abschlussarbeiten pro Mitarbeitenden steigt. Aktuell liegt die Zahl bereits bei 16 Abschlussarbeiten, welche mit einem hohen Betreuungsaufwand einhergehenden und in der Regel nicht im Forschungsbereich liegen. Außerdem müssen bereits Mitarbeitende, die sich selbst noch in der Anfangsphase ihre Qualifikation befinden, Masterarbeiten betreuen. Im Vergleich zu anderen Einrichtungen, in welchen Masterarbeiten erst mit abgeschlossener Promotion betreut werden, ist die Qualität der Betreuung gezwungenermaßen geringer. Das wissenschaftliche Personal mit befristeter Einstellung unterliegt hier einer immensen Doppelbelastung.
  • Das Seminarangebot verringert sich und die Zahl der Teilnehmenden je Seminare vergrößert sich. Bereits jetzt sind die wenigen Seminarräume zu klein für die geforderten Seminargrößen. Die Diskussionskultur, welche gerade hinsichtlich sensibler Themen der Sonderpädagogik, bspw. in Bezug auf Diskriminierungsformen, gewährleistet sein muss, verschlechtert sich bei größer werdenden Seminaren. Auch eine Umwandlung von festen Stellen in eine hohe Zahl an Lehraufträgen würde einen deutlichen Qualitätsverlust für die Lehre bedeuten!
  • Durch die größere Zahl zu betreuender Studierender in der Lehre verringert sich die zur Verfügung stehende Zeit für die eigene Forschung im Rahmen der Qualifikation. Qualitativ-hochwertige Forschung ist so kaum noch möglich. Der durch Einsparungen verstärkte Zeitdruck unterstützt eine starke Outputorientierung, die das Hervorbringen qualitativ-fundierter Ergebnisse, bspw. auch in Langzeitstudien unmöglich macht. Diese Forschungsarbeiten bringen dem IfS und damit dem Hochschulstandort Hannover wiederum Reputation.
  • Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung, wie Gremienarbeit, Interessenvertretungen, Studierendenberatung werden ebenfalls auf weniger Mitarbeitende verteilt. Diese Belastung führt zu weniger Engagement und damit zu einem Qualitätsverlust in der Hochschulkultur und im Universitätsleben.

Individuelle Ebene:

  • Der Stellenabbau bei gleichzeitiger Beibehaltung oder sogar dem Ausbau von Studierendenzahlen führt zwangsweise zu einer Erhöhung der Lehrverpflichtung durch die nicht besetzten Stellen.
  • Die Mehrbelastung durch die kurzfristige Umstellung auf Online-Lehre in der Corona-Pandemie und die Einschränkungen vieler Erhebungsaufenthalte führt zu einer Verzögerung vieler Qualifikationsarbeiten. 

Der Mittelbau steht aufgrund des Wissenschaftszeitgesetzes, den Auswirkungen der Corona-Pandemie und der bereits prekären Stellensituation in der Hochschule schon unter einem massiven Druck. Dieser erhöht sich noch einmal durch die zusätzlichen Stelleneinsparungen. Wir als Mittelbau haben Sorgen und Ängste bezüglich unserer beruflichen Zukunft. Wie möchte das Land die Sicherung der Wissenschaftsstandorte, respektive der Maxime Bildung für Alle, auch in und nach der Corona-Pandemie, gewährleisten?

Der Mittelbaurat vertritt die Ansicht, dass die Einsparungen im Bildungssektor unverantwortlich sind. Vor allem in den aktuellen Zeiten von Corona und Fake-News. Wir brauchen öffentliche und diskursive Bildungsräume für die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Zu den geplanten Einsparmaßnahmen an unserem Institut positionieren wir uns wie folgt:

„Alle Stellen im Mittelbau sind wichtig! Die Einsparung von Stellen ist zwingend auszusetzen.“

Der Mittelbaurat des Instituts für Sonderpädagogik

Das Positionspapier kann hier heruntergeladen werden.

 

Aus dem Positionspapier geht deutlich hervor, dass Lehre und Forschung nicht auf dem jetzigen qualitativen Niveau weitergeführt werden können, wenn die Sparmaßnahmen in dem veranschlagten Maße auf unser Institut umgelegt werden.

Die Antwort des Ministeriums ist aus unserer Sicht mehr als ernüchternd. Die Notwendigkeit des Ausbaus wird zwar anerkannt, „um auf die Erfordernisse der inklusiven Schule zu reagieren“. Die zusätzliche Finanzierung bleibe bestehen. Da die Studienplatzkapazitäten trotz der Einsparungen beibehalten würden, gäbe es keine Veranlassung des MWKs einzuschreiten.
Wenn jedoch mehrere Stellen im Mittelbau aufgrund der Einsparpolitik nicht besetzt werden, dann geht die Rechnung nicht auf. Die Qualität der Lehre leidet und damit langfristig die Umsetzung der Inklusion durch die unter den prekären Bedingungen ausgebildeten Lehrkräfte.

Inklusion darf keine Sparmaßnahme sein! Wir sagen ganz klar - Qualität vor Quantität.

Navina Schilling im Namen des Mittelbaurats des Instituts für Sonderpädagogik